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Lebensfreude heraus gejuchzt – Premiere im Schlosspark Theater

VonRedaktion

Jan 16, 2024

Antje Rietz in der Rolle der Diva der falschen Töne, Florence Foster Jenkins Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Von Ronald Keusch

Das Theater-Team um Intendant Dieter Hallervorden startet in das neue Jahr mit der Aufführung eines der ganz großen internationalen Erfolgsstücke. „Knapp daneben ist auch vorbei – Die Diva der falschen Töne“, so der deutsche Titel der grandiosen Komödie „Glorious“. Sie wurde 2005 in Birmingham uraufgeführt und eroberte anschließend das Londoner Westend im Sturm, wo sie sechs Monate lang en suite lief. Danach trat die wahre Geschichte der Florence Foster Jenkins, der „schlechtesten Sängerin der Welt“, ihren Siegeszug auf den Bühnen in sechs Kontinenten an. Jetzt wird mit der Premiere im Schlosspark Theater auch in der deutschen Hauptstadt ein Höhepunkt für das Theaterjahr gesetzt.

Szenenbild mit Nathalie Hallervorden, Max Gertsch, Anette Daugardt, Christian Miebach und Antje Rietz (v.l.) Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Für dieses Theaterereignis sorgt zuallererst einer der weltweit am meisten gespielten jüngeren Autoren Peter Quilter, dessen Stücke in 40 Ländern aufgeführt und in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurden. Mit „Glorious“ gelang ihm eine Komödie, die zugleich urkomisch und berührend ist. Sie basiert auf der realen Lebensgeschichte der Amerikanerin Florence Foster Jenkins und spielt in ihrem letzten Lebensjahr, dem Jahr 1944. Florence Foster Jenkins ist Zeit ihres Lebens nicht nur begeistert von klassischer Musik, sondern auch selbst leidenschaftliche Sopranistin. Allerdings mangelt es ihr erheblich an gesanglicher Qualität. Sie hat kaum ein Gefühl für Intonation und Rhythmus, was sie aber selbst nicht wahrnimmt oder wahrnehmen will. Auch Gelächter bei ihren Auftritten zu Bällen und Wohltätigkeitsveranstaltungen ficht sie nicht an. Florence Foster Jenkins ist von ihrer Sangeskunst überzeugt und wird darin durch ihren Freundeskreis bestärkt, der ebenso schillernd-zwiespältig und exzentrisch ist wie sie selbst. Und schließlich läuft alles auf den Höhepunkt und Schlussakkord des Stückes und auch des realen Lebens von Florence Foster Jenkins hinaus: Sie erhält eine Einladung in die Carnegie Hall, das berühmteste Konzerthaus in New York, um dort vor ausverkauftem Haus mit 3000 Zuhörern zu singen. Und sie absolviert tatsächlich dieses legendäre Konzert mit Gelächter und starkem Beifall aus dem Publikum und vernichtenden Kritiken in den Zeitungen. Doch sie hat sich willensstark und von sich überzeugt den Traum ihres Lebens erfüllt.

Antje Rietz im Carmen Kostüm Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Wie wohl für kaum ein anderes Theaterstück ist die Besetzung der Hauptrolle so entscheidend für den Erfolg wie hier bei der Diva der schlechten Töne. Sie fordert, ja erzwingt ein Höchstmaß an schauspielerischem wie auch gesanglichem Können. Die mehrfach ausgezeichnete Schauspielerin und Sängerin Antje Rietz bringt das alles in hervorragender Weise mit. Seit Jahren gastiert die vielfach nachgefragte Künstlerin auch im Schlosspark Theater, zum Beispiel mit ihren Konzertprogrammen, in der Rolle der Hildegard Knef „Für mich soll  es rote Rosen regnen“. Besonders hervorzuheben ist das Rollenverständnis, das Antje Rietz für diese außergewöhnliche Frau den Zuschauern sichtbar macht. Für Antje Rietz ist Florence Foster Jenkins eine tapfere, liebenswerte Frau, die ohne Musik nicht leben konnte. Sie wollte und musste Musik machen und das könne sie voll verstehen, so Antje Rietz in einem Gespräch über das Stück: „Es hat ein sehr großes Unterhaltungspotenzial, wenn da falsch gesungen wird. Das hat etwas Clowneskes. Aber diese Frau hatte auch eine Aura, die die Leute angezogen hat. Es ist eine ansteckende Leidenschaft in ihr und eine Lebensfreude, die überschwappt auf das Publikum, und das ist auch ein Grund, warum die Leute gerne gekommen sind und zugehört haben“. Im Verlauf des Stückes wird deutlich, warum Foster Jenkins –unterstützt von ihrem Partner und ihrer besten Freundin – so viele Bewunderer und Anhänger hatte. Ihr neuer Pianist wird, trotz anfänglicher Irritationen, so in ihren Bann gezogen, dass auch er schließlich aus tiefster Überzeugung hinter der Diva der falschen Töne steht.

Antje Rietz als Florence Foster Jenkins und Anette Daugardt als Freundin Dorothy. Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Natürlich stellt sich an Antje Rietz auch die Frage, wie schwer es ist, absichtlich schlecht oder falsch zu singen. Auf der Jahres-Pressekonferenz vom Schlosspark Theater bekannte die erstklassige Sängerin, dass sie für diese Rolle noch einmal extra Gesangsunterricht genommen hat, denn auch falsche Töne müssen gekonnt gesungen werden, damit es nicht peinlich wirkt. Es sei einfach, völlig falsch zu singen, aber schwierig, ganz knapp danebenzuliegen. Wann ist es noch lustig und wann ist es zu viel, die Dosierung entscheidet. Und Antje Rietz erinnert sich an Proben, in denen viel gelacht wurde, weil die Töne weit oben landeten. Denn auch im Stück verlangt die Rolle, dass die Diva die falschen Töne heraus juchzt mit einer ansteckenden Lebensfreude, die das Publikum, aber auch die Interpretin Rietz bezaubernd findet.

Mrs. Verindah-Gedge kritisiert den schaurigen Gesang und übergibt einen Protestbrief der Musikkritiker, von links Antje Rietz, Max Gertsch und Nathalie Hallervorden Foto: DERDEHMEL/Urbschat

Im gesamten Stück liefert dann Antje Rietz, zum großen Vergnügen des Publikums, einige Kostproben ihres Trainings der falschen Töne.Den Zuschauern werden die Glöckchen-Arie aus der Oper „Lakmé“ von Delibes und Adeles Lach-Arie aus der „Fledermaus“ von Johann Strauß in Erinnerung bleiben, in der so manche Töne daneben gehen. Beim Singen der Arie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“, ein besonderer Anspruch für das Singen des hohen F, lässt Antje Ritz es sich nicht nehmen, am Ende der Arie auch einmal eine perfekte Koloratur zu singen.

Der Erfolg des Stückes weltweit, wie hier in Berlin, ist auch daran zu messen, dass Florence Foster Jenkins nicht als Karikatur oder Witzfigur vorgeführt wird, sondern dass ihr Auftreten und ihre Überzeugung von ihrem eigenen perfekten Gesang glaubhaft erscheinen. Ganz sicher ein Verdienst des erfahrenen Regisseurs Franz-Lorenz Engel, der eine ganze Reihe von witzigen Pointen und Wortspielen von Autor Quilter sehr elegant und wirkungsvoll in den Ablauf der Komödie platziert. Genial die Komposition der Szene, als im Stück die Nachricht eintrifft, dass sie in der Carnegie Hall in Manhattan auf der Bühne singen darf.

Das Schlosspark Theater konnte nach der kurzfristigen Erkrankung des Pianisten Christian Miebach mit viel Professionalität und etwas Glück den Termin der Premiere am 13. Januar retten. Peter Lewys Preston reiste aus Dresden mit dem Flixbus an und hat seinen Kollegen in der Premiere nicht nur hervorragend vertreten, er zeigte auch sein ganzes Können am Piano mit einer bravourösen Interpretation von Rachmaninoff’s Prélude Op.3. Und auch Hausherr Dieter Hallervorden war als Radiokommentator des Carnegie-Hall-Konzerts als Stimme aus dem Off vernehmbar.

Ensemble beim Schlussapplaus, von links Sophie Göbel, Anette Daugardt, Peter Lewys Preston, Antje Rietz, Max Gertsch und Nathalie Hallervorden. Foto: Ronald Keusch

Der Schluss-Applaus beim Auftritt von Florence Foster Jenkins in der Carnegie Hall, so berichteten damals die Chronisten, war zwar mit Gelächter gemischt, aber lautstark und begeistert. Auch im vollbesetzten Haus des Schlosspark Theaters in Steglitz gab es stürmischen Beifall des Premieren-Publikums und viel Szenenapplaus für die komisch pathetischen Gesangseinlagen. Und so wie Florence Foster Jenkins bei ihren Konzerten gerne Valverdes Walzer „Clavelitos“ mit Kastagnetten als Zugabe brachte, so bedankte sich auch in Berlin Antje Rietz mit dem Walzer und der Habanera aus Bizet’s Carmen bei dem begeisterten Publikum.

www.schlossparktheater.de

Quelle: www.keusch-reisezeiten.de

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