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Prickelnd säuerlich süß – der Champagnerapfel auf der FRUIT LOGISTICA

VonRedaktion

Feb 18, 2024
FRUIT LOGISTICA 2024

Impression von der FRUIT LOGISTICA. Foto: :© Messe Berlin GmbH

Von Ronald Keusch

Die Messe Berlin war vom 7. bis 9. Februar 2024 wieder Gastgeber für die Leitmesse des globalen Fruchthandels, die FRUIT LOGISTICA. Gut für den Messestandort Berlin, denn in diesem Jahr trafen sich Aussteller aus 94 Ländern mit Fachbesuchern und Handelspartnern aus über 140 Ländern. Die Fachmesse ist mit solchen Zahlen weiterhin auf der Überholspur und kann schon fast wieder an die Zahlen der Vor-Corona-Zeit anknüpfen.

Die FRUIT LOGISTICA deckt das ganze Spektrum an Obst und Gemüse weltweit ab, sie ist der Hotspot der Branche für die neuesten Trends und Innovationen, für Netzwerke und zukünftige Strategien.

Da klopfte die Zukunft der Landwirtschaft mit der Obst- und Gemüse-Produktion kräftig ans Hof-Tor mit Farmen unter dem Dach und Produktionen im Gewächshaus. Auch die Künstliche Intelligenz soll ein Helfer werden, zum Beispiel bei der Automatisierung der Bewässerung, im Erkennen von Pflanzenkrankheiten, bei der Sortierung von Früchten, oder beim City Farming in Großstädten, ob nun als Rooftop Factories auf den Dächern von Paris oder in ausgedienten Frachtcontainern.

Nicht überraschend bei der Internationalität der Messe: Nur 10% der Aussteller kommen aus Deutschland. Die Gesamt-Zahl der Aussteller ist weiter gestiegen, von 2610 im Jahr 2023 auf 2770 in diesem Jahr. Dazu hat eine erneut starke spanische Beteiligung beigetragen sowie der weitere Anstieg der Zahl der italienischen Aussteller auf insgesamt 471. Demgegenüber fällt die Zahl mit 278 Ausstellern aus Deutschland eher bescheiden aus. Von den 47 Ländern, die auf der diesjährigen Messe mehr Fläche gebucht haben, ist China am stärksten gewachsen, sie haben ihre Ausstellungsfläche fast verdreifacht und sind damit schon größer als vor der Pandemie. Das Interesse aus dem Nahen Osten und Nordafrika ist ebenfalls groß.

Der preisgekrönte Apfel Cosmic Crisp (li) und die für den Innovation Award nominierten : Naked Avocado und Zucchiolo Foto: :© Messe Berlin GmbH

Ein unübersehbarer Trend zeigt sich in der Anzahl der Aussteller, die sich an der so genannten Organic Route mit zertifizierten Bio-Produkten beteiligen. Im Vergleich zum letzten Jahr ist die Zahl um zehn Prozent auf 211 Teilnehmer gestiegen. Bei aller digitalen Revolution in der Landwirtschaft zeigt die FRUIT LOGISTICA 2024 in den Messehallen nach wie vor die ganze Buntheit von Obst und Gemüse auf dem Planeten Erde.

Foto: :© Messe Berlin GmbH

Zum ersten Mal wurde auf der FRUIT LOGISTICA ein Preis verliehen, der Innovationen im Bereich Machinery & Technology würdigt. Den FLIA Technology Award gewann die niederländische Firma Koppert mit ihrem neuen Verpackungskonzept „Mirical“. Und außerhalb der Wertung wird in der Halle 27 am Stand E-75 eine fröhliche Frucht vorgestellt. Es ist der „optimistische Apfel“ mit dem neuen Markennamen „Sprizzle“. Er soll gute Laune und positive Energie verbreiten. Dazu schmeckt er noch prickelnd-süß und soll, so die Marketingexperten, ein champagnerähnliches Gefühl im Mund erzeugen. Na dann: Cheers bei jedem Apfelbiss.

Die Handelsbilanz Deutschlands für Obst und Gemüse ist nach wie vor die schlechteste in der ganzen EU – sie beträgt minus 11,9 Milliarden Euro, das sind -0,3 Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes (BIP). Das bedeutet, Deutschland muss 0,3 Prozent des BIP aufwenden, weil es sich nicht selbst mit Obst und Gemüse ernähren kann. Selbst die Nordischen Länder mit deutlich ungünstigeren klimatischen Bedingungen erwirtschaften mehr. Und das in einer Zeit, wo alle davon reden, wie wichtig doch Obst und Gemüse für unsere Ernährung sind und die Fleischprodukte medial verdammt und finanziell mit einer Sondersteuer belegt werden sollen. Es geht auch anders. Das zeigen unsere Nachbarländer, die in der gleichen Vegetationszone liegen wie Belgien und die Niederlande. In Belgien halten sich Import und Export die Waage und in den Niederlanden tragen Obst und Gemüse sogar mit plus 0,4 Prozent zum BIP bei.

Deutschland produziert gerade mal 61 Kilo pro Einwohner und Jahr an Obst und Gemüse, unsere Nachbarn Belgien, Polen und die Niederlande produzieren zwischen 3,5 und 5-mal so viel Obst und Gemüse. Spanien und Griechenland als Spitzenreiter 7-mal so viel. Liegt das vielleicht daran, dass wir lieber unsere Agrarflächen mit Windrädern bebauen, als dafür zu sorgen, dass man die eigene Bevölkerung wenigstens halbwegs mit Obst und Gemüse ernähren kann? Und zwar mit gesunden, nachhaltig angebauten Produkten aus der Region, die unmittelbar ohne lange Transportwege zum Endverbraucher gelangen.

Alarmierend für die Obst und Gemüseproduktion ist auch die Erhöhung der Kosten für Erzeuger und Lieferanten. Zwar sind nach der kräftigen Erhöhung im Jahr 2022 die Preise für Düngemittel und Energie wieder etwas gesunken, aber in allen anderen Bereichen – Saatgut, Pflanzen, Pflanzenschutzmittel, Maschinen, Personal (neuen Mindestlöhne) und Transport (Umfahrung des Roten Meers) sind die Kosten weiter gestiegen. Gegenüber dem Jahr 2015 liegt der Erzeugerpreisindex für Obst bei 155 Prozent und für Gemüse bei 156 Prozent!

Obst- und Gemüseanbau ist keine Raketenwissenschaft. Aber manchmal scheint es, als wollten die Propheten der großen Transformation auf Feldern und Plantagen durchstarten. Unter dem Motto „Farming Forward“ sollen mit neuen Technologien wie Drohnen, Künstlicher Intelligenz, Datenerfassung, Ertragskartierung und anderen digitalen Anwendungen bedeutende Fortschritte erzielt werden. Ein spezielles Symposium widmete sich den neuesten Erkenntnissen in den Bereichen Überwachung von Pflanzenkrankheiten, Sicherheit der Lebensmittel, datengesteuerte Gewächshäuser, IoT-basierte Systeme, Automatisierung und Robotik.

Die führende Fachmesse des globalen Fruchthandels gibt sich betont wissenschaftlich zukunftsbetont und stellt durchaus realistisch fest, dass auch weiterer Fortschritt im Vertical Farming (Gemüse und Obst, das auf wenigen Quadratmetern, übereinander in mehreren Etagen wächst) nicht den konventionellen Obst- und Gemüseanbau ersetzen wird.

Fotos: © Messe Berlin GmbH und © Ronald Keusch

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