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Berührende Formen – Anmut in Stein gemeißelt

VonRedaktion

Okt 27, 2022
Ausstellungsansicht/Exhibitionview: Johann Gottfried Schadow Berührende Formen, Alte Nationalgalerie Berlin

Schadows Prinzessinnengruppe von allen Seiten zu betrachten. Ausstellungsansicht. Foto Staatliche Museen zu Berlin, Thomas Bruns.

Von Klara Berger

 Wenn ein Werk der Berliner Bildhauerschule zum Inbegriff des deutschen Frühklassizismus geworden ist, dann mit Sicherheit die sogenannte Prinzessinnengruppe, das Hauptwerk von Johann Gottfried Schadows(1764–1850). Das lebensgroße Doppelstandbild zwischen Ideal und Wirklichkeit der Prinzessinnen Luise und Friederike – die später die beiden preußischen Königssöhne Friedrich Wilhelm III. und Ludwig von Preußen ehelichten – war 1797 fertiggestellt und erregte großes Aufsehen in Berlin. War es doch das erste Standbild zweier weiblicher historischer Persönlichkeiten. Auch wenn das Meisterwerk von Luises späterem Gatten, König Friedrich Wilhelm, zu Schadows Kummer als „fatal“ bezeichnet und der Öffentlichkeit vorenthalten wurde, ist es heute das faszinierende Highlight in der Berliner Nationalgalerie und weltberühmt. Als Deko-Objekt in allen Größen, Farben und Materialien aus den Berliner Souvenirshops nicht mehr wegzudenken.

In der Sammlung der Nationalgalerie befindet sich mit ca. 150 Arbeiten der weltweit umfassendste Bestand an plastischen Werken Schadows, darunter beide Originale der Prinzessinnengruppe. Seit der letzten Retrospektive vor fast 30 Jahren, sind viele neue Erkenntnisse zu Künstler, Werk, Werkstattbetrieb und Arbeitsmethoden bekannt geworden. Dies nicht zuletzt durch das großangelegte Forschungs- und Restaurierungsprojekt des Gipsoriginals der Prinzessinnengruppe aus Schadows Werkstatt, dessen Ergebnisse nun erstmals öffentlich vorgestellt werden.Die erste Retrospektive seit rund 30 Jahren stellt nun in elf Kapiteln Schadows bildhauerische, grafische und kunsttheoretische Hauptwerke vor.

Grabmal des Grafen Alexander von der Mark, 1788–1790, Marmor, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Ab 1788 bekleidete Johann Gottfried Schadow das Amt des „Direktors aller Skulpturen“ am Ober-
hofbauamt. zugleich war er Leiter der preußischen Hofbildhauerwerkstatt. In beiden Funktonen gestaltete er das klassizistische Erscheinungsbild Berlins maßgeblich mit, war er doch verantwortlich für sämtliche skulpturalen Bildwerke königlicher Bauten.
Zahlreiche Entwürfe demonstrieren Schadows Beschäftigung mit dem Stadtraum und setzten neue Maßstäbe.

Stadtbildprägend wurden etwa seine Quadriga auf dem Brandenburger Tor oder sein Luther-Denkmal in Wittenberg. Kulturgeschichtlich auch deshalb bedeutend, weil erstmals mit einem ganzfigurigen Standbild eine nichtadlige oder nichtmilitärische Person geehrt wurde – veranlasst und finanziert von bürgerlichen Auftraggebern.

Zimmerdenkmal für Martin Luther, 1822 (Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie / Andres Kilger

Im steten Bemühen um preußische Staatsrepräsentation und den prestigeträchtigen Auftrag zum Reiterstandbild Friedrichs des Großen – den allerdings sein Schüler Christian Daniel Rauchen erhielt – entstanden Entwürfe einer gestalterischen Bandbreite, die Schadows Stellung zwischen den Zeiten spiegelt. Als prägender Gestalter des preußischen Hofes reiht Schadow sich prominent ein zwischen Andreas Schlüter und Karl Friedrich Schinkel: ein Dreigestirn, dessen Spuren auch im heutigen
Berlin noch sichtbar sind.

Die Ausstellung zeigt neben Arbeiten von Zeitgenossen Schadows wie Gainsborough, Tischbein, Weitsch, Chodowiecki oder Begas aus dem Bestand der Berliner Museen, zahlreiche internationale Leihgaben, darunter plastische Bildwerke, Gemälde und Grafiken sowie kunsttheoretische Schriften, die interessante Einblicke bieten in die Entstehung und Rezeption der Prinzessinnengruppe.

Johann Gottfried Schadow. Berührende Formen

noch bis zum 19. Februar 2023

Eine Sonderausstellung der Nationalgalerie – Staatliche Museen zu Berlin

www.smb.museum

Von Redaktion