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„Genau so war´s“ – Toni Krahl präsentiert sein erstes Soloalbum

VonRedaktion

Sep. 18, 2025

Von Ingrid Müller-Mertens

Toni Krahl, jahrzehntelang Frontmann von City, 1972 in Ostberlin gegründet, ist kein Typ, der aufgibt. Rund drei Jahre nach dem letzten City-Konzert am 30.12.2022 startet er mit 75 Jahren noch einmal durch und präsentiert nun sein Solo-Debütalbum „Genauso war’s“, begleitet von seiner neuen Band, den KINX vom Prenzlauer Berg – benannt nach einem beliebten City-Song. 

Toni Krahl und die Kinx vom Prenzlauer Berg

Bei der Vorstellung des neuen Albums im Palais der Berliner Kulturbrauerei spricht er mit etwas Wehmut aber auch großer Dankbarkeit über 50 Jahre City. 15 Millionen verkaufte Tonträger, 3000 Konzerte, immer wieder Gold und Platin-Auszeichnungen – ein Ergebnis, auf das man stolz sein kann.

City in der ursprünglichen Formation

Mit City hat Toni Krahl ein halbes Jahrhundert geprägt und mitbestimmt, was heute „Ostrock“ heißt. Eine eigene Stilrichtung der populären Musik, die beweist, welch unerhörte Dichte Rock in Deutsch erreichen kann. Songs wie „Casablanca“ oder „Am Fenster“, die größten City-Hits, gehören längst zum Rock-Kulturerbe.

Toni Krahl

„Nach dem letzten Vorhang lagen wir uns heulend in den Armen“, erinnert sich Krahl, an das City-Abschiedskonzert „und am nächsten Morgen dachte ich: Mensch, was haben wir da angerichtet!“ Wie Asche habe er sich gefühlt. Aber das Ende war unumgänglich. „Schlagzeuger Klaus Selmke, der mit Fritz Puppel 1972 die Band aus der Taufe gehoben hatte, verstarb im ersten Corona-Jahr, bereits seit Längerem schwer erkrankt. Und als vor 14 Monaten mein Freund Fritz Puppel starb, war es klar: City ist Geschichte.“

Aber für Trauer keine Zeit. „Aufstehen, weitermachen, weitersingen. Die Fans nicht enttäuschen.“Ein Lebensmotto von Toni Krahl, der verrät, dass er eigentlich ein sehr sonniges Gemüt hat und schon morgens ein fröhlicher Mensch sei.

Als kurz nach der Wiedervereinigung etliche Musiker wegen vermeintlichem Desinteresse am Sound ostdeutscher Rockbands resignierten und sich umorientierten, blieb City der Fels in der Brandung. Die persönliche Authentizität und das Charisma von Toni Krahl spielten dabei eine zentrale Rolle.

Toni Krahls Biografie wurde geprägt von den besonderen Umständen in dem kleinen Land mit den großen Träumen in den starren Mauern. Gerade volljährig geworden, lernte der spätere Träger des Bundesverdienstordens den Stasi-Knast kennen, nachdem er 1968 gegen die Zerschlagung des Prager Frühlings durch die Truppen der Ostblockstaaten protestiert und zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Eine Ausreise in den Westen wurde ihm nahe gelegt. Keine Option für Krahl. „Zur Bewährung“ wurde er in die Produktion geschickt, arbeitet später als Mechaniker in der Charité, Zusteller bei der Deutschen Post, Abi an der Abendschule, Studium. Musikalisch probiert er sich aus und findet schließlich 1975 seine Band City.

V.Li: André Kunze, Reinhard Petereit, Toni Krahl, Tobis Unterberg

Die Deutschlandtour mit seiner neuen Band „Die Kinx vom Prenzlauer Berg,“ startet am 22.November im sächsischen Freiberg und endet am 31.Januar 2026 in Gera. Gastspiel im Berliner Friedrichstadt-Palast am 12.1.26. Außer Hannover sind nur Ost-Städte auf der Tourliste. „Es ist wie immer“, sagt Toni Krahl augenzwinkernd „der Westen ist diesbezüglich noch Entwicklungsland.“

Es ist ihm wichtig zu betonen, dass sein Solo-Debütalbum »keine City-Resterampe« sei. Schon irgendwie die Quintessenz eines Lebens mit allen Höhen und Tiefen aber es soll auch neue Perspektiven eröffnen. Die Texte stammen nahezu alle vom City-Stammpoeten Alfred Roesler-Kleint, „der immer wieder mit meinen Gedanken und Worten umgehen kann wie kein Zweiter, er trifft immer wieder meine Intentionen, und Haltungen, meine Gefühle und mein Seele“, so Krahl. Und wie eh und je berührt Toni Krahl auch mit den neuen, aktuellen Songs die Herzen und Seelen seiner inzwischen ergrauten Fans aber auch über die Generationen hinweg.

Nein keine (N)ostalgie-Veranstaltung. Sehr persönliche aber zeitlose poetische, politisch relevante Texte, die unter die Haut gehen. Und ja, als Hommage an City wird es einige alte Songs geben. Und natürlich – wie Toni Krahl betont – dürfen die „Kronjuwelen“ wie „Am Fenster“ und „Casablanca“ nicht fehlen. Wie leidenschaftlich wurde dereinst das Sehnsuchtslied nach Freiheit ohne Mauern und Grenzen mitgesungen: „Flieg ich durch die Welt … Flieg ich durch die Welt. . .“ Damals eine verschworene Gemeinschaft – heute in seiner Brisanz durchaus aktuell.

Auf die Frage bei der Pressevorstellung inwieweit sich das Verschwinden der DDR 1990 als Reibefläche und Inspiration auf City ausgewirkt und ob man auch unter Publikumsschwund gelitten habe, als die Mauer gefallen war und die westdeutsche „Konkurrenz“ auf den ostdeutschen Markt drängte, antwortet Toni Krahl mit einem Zitat von Puppel, der damals die Freunde aufgemuntert habe: „Keine Angst, die Ostler werden eines Tages die alten Platten herauskramen, die Lieder hören wollen, nach denen sie getanzt, geliebt und gelebt haben. Dann sind wir wieder vorne an“.

Genauso war’s. Und genauso wird’s sein.

Fotos © Ingrid Müller-Mertens

Von Redaktion

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