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„Saul“- krönender Abschied von der Behrenstrasse

VonRedaktion

Jun 2, 2023

„Saul“ von Georg Friedrich Händel in der Komischen Oper. Foto: Ingrid Müller-Mertens

Das dreitägige Händel-Festival »Mehr Opulenz!« am Pfingstwochenende war zweifellos der Höhepunkt des Wonnemonats an der Komischen Oper Berlin! Und gleichsam auch ein Abschied.

Mit Händels dramatischem Oratorium „Saul“ — ein weiteres der hierzulande selten aufgeführten Oratorien des Komponisten – erlebte man nicht ohne etwas Wehmut die letzte Premiere der Komischen Oper Berlin in ihrem geschichtsträchtigen Stammhaus an der Behrenstraße vor dem sanierungsbedingten Umzug ins Schillertheater. Wann sich der schöne neobarocke Zuschauersaal für das Publikum wieder öffnen wird, steht in den Sternen. Die umfassende Generalsanierung inklusive diverser An- und Neubauten wird Jahre dauern. Über 400 Millionen Euro sind bewilligt. Dabei dürfte es kaum bleiben.

Nun also ein würdiger Abschied mit Händels stimmgewaltigem Oratorium „Saul“ in einer eindrucksvollen szenischen Inszenierung des Berliner Opern- und Filmregisseurs Axel Ranisch.

Das hochdramatische Oratorium im alttestamentarischen Gestus brachte Georg Friedrich Händel (1685 bis 1759), trotz einer tiefen psychischen und finanziellen Krise in wenigen Wochen zu Papier. Von strahlenden Triumph-Chören über das prophetische Wispern der gespenstischen Hexe von Endor bis zum würdevollen Trauermarsch – Händel bietet alles auf, um der dramatischen Geschichte des Herrschers Saul – nach biblischer Überlieferung der erste König der Israeliten – musikalisch gerecht zu werden. Regisseur Axel Ranisch beschreibt die eher zeitlose Tragödie einer Familie, in der das unerwartete Auftreten eines jungen Außenseiters jeden in seinen Grundfesten erschüttert.

Penny Sofroniadou als Merab

Nachdem der Hirte David (Aryeh Nussbaum Cohen) den Heerführer der feindlichen Philister, Goliath, mit einem Steinwurf niedergestreckt hat, zieht er als siegreicher Held in den israelitischen Hof ein. Der Jubel des Volks ist groß – zu groß für den Geschmack des zunächst ebenfalls begeisterten König Saul (Luca Tittoto). Hin- und hergerissen zwischen Eifersucht und bodenloser Schwermut, die einzig Davids Harfenspiel lindern kann, setzt er dennoch bald alles daran, David aus dem Weg zu schaffen. Sauls Sohn Jonathan (Rupert Charlesworth) aber hält zu David, ebenso Tochter Michal (Nadja Mchantaf). Als sich zuletzt auch Sauls zweite Tochter, Merab (Penny Sofroniadou), zunächst von seiner niederen Herkunft abgestoßen, zu David bekennt, beschließt der König Davids Tod. Die Prophezeiung aber sagt: Sauls Stern wird sinken, aufsteigen aber der des Hauses David.

Jubel-Stürme nach dem letzten Ton für alle Beteiligten. Neben dem fulminanten, durch historische Instrumente ergänzten Orchester unter Dirigent David Bates, war das Publikum vor allem auch von Countertenor Aryeh Nussbaum Cohen völlig hingerissen. „Eine Stimme wie ein Engel!“ – schreibt die Musikritik.(BZ) Gefeiert auch der ausdrucksstarke, stets präsente Chor. Von David Cavelius im Sinne bester britischer Chortradition einstudiert. Ein Riesenerfolg zum vorläufigen Abschied von der Behrenstraße.

In den nächsten Tagen gibt es ein vielfältiges und opulentes Abschiedsprogramm. Nach der letzten Vorstellung am 10.Juni wird im Foyer der Komischen Oper Berlin gefeiert, um noch einmal gemeinsam die Erinnerungen an all die schillernden, prickelnden und ergreifenden Momente der letzten 75 Jahre von Walter Felsenstein bis Barrie Kosky wachzurufen und in Erinnerung zu behalten.
Und damit die Umzugskisten nicht allzu schwer werden, hat die Kostümabteilung ausgemistet und man kann am 16. und 17. Juni zahlreiche Erinnerungsstücke aus früheren Inszenierungen erwerben.

Von Redaktion