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Bartgeier und Feldhamster – Jungtiere ausgewildert

VonRedaktion

Juli 29, 2025

Auswilderung des Bartgeiers aus dem Tierpark Berlin in der Sierra Nevada. Foto: ©Teo Sanchez

Mit kräftigem Flügelschlag und wachsamen Augen hat ein junges Bartgeier-Weibchen kürzlich seinen ersten Flug im andalusischen Naturpark Sierra Nevada absolviert. Keine Selbstverständlichkeit – der eindrucksvolle Greifvogel stammt aus dem Tierpark Berlin und wurde als Teil eines internationalen Artenschutzprogramms in Südspanien ausgewildert. Diese Region war einst die Heimat des Bartgeiers, doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Art dort nahezu ausgerottet.

Gemeinsam mit einem weiteren Jungvogel wurde der Bartgeier aus Berlin durch die Vulture Conservation Foundation (VCF) zu einem schwer zugänglichen Felsvorsprung im Gebirge gebracht. Dort verbrachte der Jungvogel seine erste Zeit in einer Felsnische – ohne direkten Kontakt zum Menschen – und bereitete sich auf das Leben in der Wildnis vor. Wann der richtige Moment für den ersten Gleitflug gekommen ist, entscheiden die Tiere selbst. Das Berliner Jungtier ließ sich in diesem Jahr ungewöhnlich viel Zeit, bevor es schließlich zu seinem ersten Flug abhob – ein spannender Moment für alle Projektbeteiligten. Die jungen Vögel müssen sich an Wind, Licht, Geräusche und Gerüche gewöhnen. Wann sie bereit für den ersten Flug sind, wissen nur sie selbst.

Foto ©Teo Sanchez

Der Tierpark Berlin beteiligt sich bereits seit 1987 am europaweiten Erhaltungszuchtprogramm für Bartgeier. Seitdem konnten 29 in Berlin geschlüpfte Jungtiere einen wichtigen Beitrag zur Wiederansiedlung dieser majestätischen Vögel in Europa leisten. Bartgeier zählen zu den faszinierendsten Vogelarten des Kontinents. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,80 Metern gehören sie zu den größten flugfähigen Vögeln der Welt. Als spezialisierte Aasfresser ernähren sie sich von einer Vielzahl von Tieren, wobei sie in besonderem Maße auch Knochen zu ihrer Nahrung zählen. Sie haben sich darauf spezialisiert, große Knochen zu zerschmettern, um an das nährstoffreiche Mark zu gelangen. „Bartgeier übernehmen eine entscheidende Rolle in der natürlichen Balance alpiner Ökosysteme“, erklärt Christian Kern, Zoologischer Leiter von Zoo und Tierpark Berlin. „Als spezialisierte Aasfresser tragen sie maßgeblich zur Hygiene in Gebirgssystemen bei, indem sie Kadaver von großen Tieren entsorgen. Jeder Bartgeier, der erfolgreich in Europas Gebirgen wieder angesiedelt wird, stärkt nicht nur die Art und Stabilität der Population an sich, sondern unterstützt auch die gesamte ökologische Struktur und Resilienz, indem er einen wichtigen Teil des ursprünglichen Nahrungsnetzes wiederherstellt.“

Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden Bartgeier zu Unrecht als Bedrohung für Weidetiere verfolgt und verschwanden in vielen Teilen Europas fast vollständig. Dank grenzübergreifender Schutzmaßnahmen und koordinierter Nachzucht gibt es heute wieder stabile Brutpaare in den Alpen, den Pyrenäen und den südspanischen Gebirgszügen. Der Erfolg dieses Programms zeigt, wie gezielte Artenschutzmaßnahmen die Erholung und Rückkehr einer fast ausgestorbenen Art in ihre ursprünglichen Lebensräume ermöglichen können.

Zoo und Tierpark Berlin engagieren sich seit vielen Jahren aktiv für den Schutz bedrohter Arten. Das gilt nicht nur für spektakuläre Großvögel sondern zum Beispiel auch für eher unauffällige kleine Feldhamster.

Feldhamster Fotos © 2025 Zoo Berlin

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit ist der Bestand der Feldhamster in Europa dramatisch zurückgegangen: Nach Schätzungen leben in Deutschland nur noch 10.000 bis 50.000 Feldhamster. Die größte Bedrohung für den Feldhamster ist die intensive Landwirtschaft. Insbesondere der Anbau von Energiepflanzen zulasten von Getreide, die frühe und effektive Ernte sowie der Einsatz von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Nagetieren macht der wild lebenden Hamsterart Probleme. Um den langen Winterschlaf zu überstehen, legt der Feldhamster über die Sommermonate rund 2 bis 4 kg Getreidekörner und andere Samen als Vorrat in seinem unterirdischem Bau an – auf intensiv bearbeiteten Ackerflächen ist dies allerdings nicht mehr möglich.

Feldhamster Fotos © 2025 Zoo Berlin

Experten gehen davon aus, dass der Feldhamster bis 2030 vollständig aus dem gesamten Verbreitungsgebiet in Europa verschwinden wird, wenn nicht aktiv durch gezielte, kontrollierte Zucht außerhalb des natürlichen Lebensraumes gegengesteuert wird. Ein konkreter Schritt erfolgte in diesem Frühjahr durch den Zoo Leipzig: 179 Feldhamster wurden im letzten bekannten Vorkommensgebiet Sachsens ausgewildert – 68 von ihnen überwinterten in der Feldhamster-Station des Tierpark Berlin. Sie kamen ursprünglich aus dem Zoo Leipzig und wurden unter anderem nach genetischen Kriterien ausgewählt, um eine möglichst stabile und gesunde Ausgangspopulation zu sichern. Einen ersten Erfolg gibt es hier bereits zu feiern: Als Wildkameras am Auswilderungsfeld in den vergangenen Tagen erstmals Nachwuchs zeigten, war die Freude bei allen Beteiligten groß.


Fotos © 2025 Zoo Berlin

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