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Drag Queens, Pailletten und Gänsehautmomente in der Komischen Oper

VonRedaktion

Feb 14, 2023

Von Katharina Zawadsky

„I am, what I am“, „Ich bin, was ich bin.“ Der Superhit von Gloria Gaynor war der Discoknaller in den 80ern. Geschrieben für das Musical „La Cage Aux Folles“, ein „Käfig voller Narren“, wurde der Song schließlich eine Hymne an persönliche Freiheit, Selbstbestimmung und Toleranz. Ein Travestiespektakel um Männerliebe, das ab 1983 mitten in der AIDS-Pandemie extrem erfolgreich war.

Stefan Kurt als Zaza (Mitte). Foto: Ingrid Müller-Mertens

»Ich bin, was ich bin und was ich bin, ist kein Geheimnis« – und das soll es auch nicht sein! – 1983 schallt ein Befreiungsschlag vom Broadway bis nach London, Paris, Wien und Berlin und läutet den Siegeszug eines Musicals ein, das alle aufatmen lässt, die sich ein Leben jenseits kleinkarierter Konventionen wünschen. Das Theaterstück stammt von Jean Poiret, der damit bereits 1973 Erfolge in Paris feierte.

Foto: Ingrid Müller-Mertens

Story: Nachtklub-Chef Georges (Peter Renz) betreibt äußerst erfolgreich den Nachtclub La Cage aux Folles. Absoluter Star ist sein Lebensgefährte, die Dragqueen Zaza alias Albin (Stefan Kurt).

Abgesehen von Zazas launischen Capricen läuft es gut im Club, bis eines Tages Jean-Michel, Georges Sohn aus einer früheren Beziehung (Nicky Wuchinger), auftaucht. Jean-Michel liebt seinen Vater und Zaza, die ihn gemeinsam aufgezogen haben, besonders aber liebt er Anne, Tochter eines ultrakonservativen Politikers. Er will sie heiraten und bittet Georges, zu Albins größter Enttäuschung, allein zum ersten Treffen mit der Familie zu kommen. Das erste gemeinsame Abendessen im noblen Salon von Jacqueline lässt sich Albin dann aber doch nicht nehmen, was zu guter Letzt in einem heillosen Durcheinander endet, in dem auch Annes Eltern ganz neue Seiten an sich kennenlernen dürfen…

Stefan Kurt und Peter Renz(rechts). Fotos: Ingrid Müller-Mertens

Auch ein junger Mann namens Barrie Kosky, gerade mit seinem Vater aus Australien auf einer Reise in New York, erlebt 1983 die Originalaufführung am Broadway und ist total fasziniert. Ein Schlüsselerlebnis für den 16jährigen. 40 Jahre später stellt der inzwischen international gefeierte Opernregisseur nun an der Berliner Komischen Oper seine Fassung des schrillen Musicals vor.

Foto: Ingrid Müller-Mertens

Dass die Realisierung dieses Projekts so lange gedauert hat, lag laut Aussage von Kosky vor allem auch daran, dass es fast unmöglich war, einen passenden Darsteller für die extrem anspruchsvolle Rolle der Zaza zu finden. Der Glücksfall trat ein: Stefan Kurt, bisher eher als Film- und Theaterschauspieler im seriösen Fach bekannt, ist die faszinierende Diva Zaza quasi auf den Leib geschrieben. Hinreißend von der ersten bis zur letzten Minute beherrscht er die Szene und brilliert mit allen Facetten menschlicher Gefühle, Leidenschaften und tragischer Momente. Aufwendige, grellbunte Kostüme (Klaus Bruns), viel Glitzer, Pailletten und Federboas, witzige Dialoge, hinreißende Tanzszenen der wunderbar exaltierten Balettcompagnie (Choreographie Otto Pichler) und eingängige Gesangsnummern (Musikalische Leitung Koen Schoots). Eine Inszenierung, die an Opulenz und Spielfreude nicht zu überbieten ist. Aber – und sonst wäre es kein Kosky – vor allem eine berührende Hymne an die Liebe, ein Plädoyer dafür, mutig den eigenen Gefühlen zu trauen, sich nicht zu verstellen und so die Welt zu einem ein bisschen bunteren, schöneren und lebenswerteren Ort zu machen.

Gänsehaut pur und Ovationen ohne Ende.

www.komische-oper-berlin.de

Von Redaktion