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„Salome“ in der Komischen Oper gefeiert

VonRedaktion

Dez. 8, 2025

Schon lange vor Oscar Wildes Dichtung trat Salome auf – in der Bibel. Schon damals stand geschrieben, wie König Herodes, seine Stieftochter Salome und Johannes der Täufer (Jochanaan) ihre Köpfe verlieren – auf unterschiedliche Weise.

König Herodes hat ein Auge auf seine Stieftochter Salome. Sie ekelt sich vor seinen unziemlichen Blicken und hat ihr Auge auf einen anderen Mann geworfen: auf den gefangenen Propheten Jochanaan, der Salome keines Blickes würdig findet. Der König gebietet Salome, für ihn zu tanzen. Er wünscht, sie zu sehen, ganz und gar – ohne Hüllen. Dafür will er ihr einen Wunsch erfüllen.

Matthias Wohlbrecht (Herodes)

Der Tanz der sieben Schleier ist das spektakuläre Ereignis: Salome bietet sich entblößend den Blicken des Königs und seiner Festgemeinschaft an. Sehen / nicht Sehen ist stets Teil des erotischen Spiels: „Nie erblickst du mich da, wo ich dich sehe.“ Nach dem Tanz der Prinzessin möchte Herodes zu seinem Wort stehen und fragt Salome nach ihrem Wunsch. Sie will den Kopf des Jochanaan in einer Silberschüssel! Schockiert über die grausame Antwort seiner Stieftochter fleht Herodes Salome an: Alles wolle er ihr geben, nur nicht den Kopf des Jochanaan. Doch Salome ist entschlossen, nichts begehrt sie mehr als den Kopf des Propheten, der ihre Liebe verschmäht hat. Das Urteil ist gefällt, Jochanaan wird enthauptet und Salome stürzt sich in wilder Ekstase auf ihr Geschenk. In der Fassung der Komischen Oper nicht nur der Kopf, sondern der ganze, ausgeweidete blutige Leib des Propheten. Schockmoment im Publikum. Endlich kann sie Jochanaans Mund küssen. Entsetzt über seine wahnsinnig gewordene Stieftochter befiehlt Herodes: „Man töte dieses Weib!“ Eine Tragödie des entfesselten Begehrens, das nicht an sein Ziel kommt und stets im Mangel endet. In „Salome„ verpassen sich alle und gehen zugrunde. Logischerweise nannte der Komponist Richard Strauss sein Werk „Ein Scherzo mit tödlichem Ausgang“.

In der Inszenierung von Evgeny Titov wird Salome zur Projektionsfläche der außenstehenden (männlichen) Betrachter. Die verkommene Gesellschaft sieht in Salome das Objekt der Begierde, sie selbst fühlt sich wiederum unvollständig. Titov zeigt, wie der Wunsch nach Liebe zu einer obsessiven Abhängigkeit wird.

Den Mittelpunkt der Inszenierung bildet die Konstruktion erotischer Phantasmen. Projektion und Gegenprojektion jagen und verpassen einander. Voyeurismus und Exhibitionismus sind Teil desselben Verlangens zwischen Begehren und Verbot, zwischen Rausch und Tod.

Die von Nicole Chevalier hinreißend dargestellte Salome ist gesichtslos. Eine Art weißer Helm über den Kopf gestülpt, verdeckt Mimik und Gesichtszüge – eine Herausforderung für die Sängerin und auch für das Publikum. So gestaltet sie die Rolle rein durch Körpersprache und ihre facettenreiche, beeindruckende Stimme. Bei der Premiere frenetisch mit Standing Ovationes und aus dem Parkett zugeworfenen roten Rosen gefeiert.

Realistischer, mit deutlicher Mimik und gelegentlich bis an die Grenze des Erträglichen – der ausgeweidete Jochanaan – dagegen die anderen Protagonisten: Karolina Gumos (Herodias), Matthias Wohlbrecht (Herodes) und mit beeindruckender Stimme und Darstellung Günther Papendell als Jochanaan. Auch die kleineren Partien hervorragend besetzt: So Susan Zarrabi (Page) die Soldaten (Philipp Meierhöfer und Andrew Harris) oder Agustín Gómez als Narraboth.

Das Orchester der Komischen Oper Berlin unter seinem Dirigenten James Gaffigan bewältigt die herausfordernde Strauss-Partitur mit Bravour und überwältigt mit einem diffizilen, effektvollen und betörend schönen Klangteppich.

Salome

Musikdrama in einem Aufzug [1905] von Richard Strauss, Musikdrama in einem Aufzug [1905], Libretto vom Komponisten nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung

Weitere Vorstellungen am 12., 18., 27. Dezember , am 3.01.letzte Vorstellung in dieser Spielzeit am 3.Januar

Fotos: Ingrid Müller-Mertens

Von Redaktion

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