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„Zwischen den Spiegeln“ – Werke von Edgardo Navarro

VonRedaktion

Sep 24, 2024

Von Ingrid Müller-Mertens

Noch bis zum 17.Oktober ist in der Botschaft von Mexiko eine Ausstellung zu sehen, die man nicht versäumen sollte. Sofort ist man von den farbintensiven großformatigen Bildern des mexikanischen Künstlers Edgardo Navarro fasziniert, wird quasi eingesogen in eine fantastische, ja zuweilen mystische und surreale Traumwelt, in der man sich verliert und deren suggestiver Wirkung man sich nicht entziehen will und kann.

Edgardo Navarro vor einem seiner Werke

Das Werk von Edgardo Navarro versetzt uns in eine Lebenswelt aus Fantasie und Reflexion. Seine Werke sind voller Transformationen: Licht wird flüssig oder zähflüssig, der Boden verwandelt sich in den Himmel, der Mensch in Stein, der Kaktus in ein Reh, die Sonne in den Mond usw. Und es handelt sich nicht um eine flüchtige Wahrnehmung, sondern um eine, die uns zu einer langen Betrachtung anregt, um uns in der Zeit zu verlieren und uns an einer seltsam fernen und doch vertrauten Welt zu erfreuen. Landschaften und Nischen sind Bewusstseinserweiterungen, die Figuren, die sie bewohnen, scheinen abwesend aber doch in mehreren Dimensionen anwesend zu sein.

Ein großes Thema für Navarro ist auch die Frage, welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen dem menschlichen Geist und der Optik? Spiegel spielen dabei eine Schlüsselrolle. Bei einigen indigenen mittelamerikanischen Völkern sind Spiegel Utensilien, die es ermöglichen, den Raum in umgekehrter Weise zu erkunden und so Zugang zu einer uns unbekannten Welt zu finden. Das Paradoxe des eigenen Spiegelbildes liegt darin, dass die Wahrnehmung zu einer Entfremdung vom eigenen Körper führt und das Denken auf die visuelle Dimension des wahrgenommenen Bildes konzentriert, während die anderen Sinne vernachlässigt werden. Jeder Spiegel birgt das Versprechen, die Welt mit den Augen eines anderen zu sehen, eines anderen, der manchmal man selbst ist aber fremd und weit entfernt.

Navarros Bildsprache fasziniert vor allem mit ihrer plakativen Eindringlichkeit, in die man eintaucht und die zu einem intensiven meditativen Erlebnis wird. Uns in einen total fremden aber wiederum auch irgendwie vertrauten Gefühlskosmos versinken lässt.

Er verarbeitet Symbole und das Farbspektrum der indigenen mexikanischen Folklore und Gedankenwelt aber man wird auch erinnert an die Werke von Frida Kahlo (1907- 1954), eine der bedeutendsten Vertreterinnen des mexikanischen Surrealismus oder auch Diego Rivera ( 1886 – 1957), einem der namhaftesten Maler der Moderne in Mexiko. Aber deutlich wird auch der unverkennbare stilistische und mentale Einfluss seines Hochschullehrers Neo Rauch, einem der erfolgreichsten und international gefragtesten Vertreter der Leipziger Schule.

Interessant auch seine fragilen, vergänglichen Sandbilder, aus einer selbst gesammelten Mischung von Sand und Farbpigmenten aus dem heiligen Territorium Wirikuta in Mexiko, die die Gedanken- und Formenwelt der Urvölker aufgreift. Eine nicht-westliche Bildtechnik, die er in die zeitgenössische Kunstszene integrieren möchte, um sich so auch mit Konzepten außereuropäischer Philosophien auseinanderzusetzen.

Botschafter Francisco José Quiroga Fernández brachte es zur Ausstellungseröffnung auf den Punkt: Die Kunst von Edgardo Navarro ist in vielerlei Hinsicht ein Fenster in Paralleluniversen. Sie lädt uns dazu ein die mexikanische Identität aus einer Perspektive zu überdenken die über die populären Bilder hinausgeht, denn diese konzentrieren sich oft auf das Zentrum und den Süden des Landes. Er nimmt uns mit auf eine Reise, die Epochen und Zivilisationen miteinander verwebt, die das Reale mit dem Inaginären verbindet und die uns dazu bringt unseren eigenen Platz im Universum zu hinterfragen.“

Unter Verwendung von Zitaten aus dem Begleittext von Ingrid Arriaga

www.edgardo-navarro.com

Fotos Ingrid Müller-Mertens

Ausstellung in der Botschaft von Mexiko noch bis 17.10.24, Öffnungszeiten: Montag – Freitag 09:00 – 17:00 Uhr, Klingelhöferstraße 3, 10785 Berlin,

Von Redaktion