Den Hamster kennen die meisten Menschen nur als Haustier, es gibt in Deutschland jedoch auch eine wildlebende Hamsterart: den etwa Meerschweinchen großen Europäischen Feldhamster. Doch dieser gehört zu den am stärksten bedrohten Säugetieren Deutschlands, in einigen Bundesländern ist er bereits ausgestorben.
Der Tierpark Berlin baut sein Engagement für den Artenschutz im natürlichen Lebensraum weiter aus. Mit einer kürzlich fertiggestellten Zucht- und Forschungsstation für den Europäischen Feldhamster möchte der Tierpark die Rettung des vom Aussterben bedrohten Feldhamsters unterstützen. Zukünftig sollen hier geborene Feldhamster auf geeigneten Flächen ausgewildert werden und somit der Ausrottung dieser zunehmend bedrohten Art entgegenwirken.
„Charismatische Säugetiere sind nicht nur in den Regenwäldern Südamerikas oder Savannen Afrikas bedroht. Auch in unseren Breitengraden drängen wir Arten an den Rand der Ausrottung“, erklärt der Berliner Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem. „Wenn wir uns jetzt nicht für den Feldhamster engagieren, wird er sehr wahrscheinlich innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte ausgerottet werden. Und mit ihm womöglich viele andere Arten“, ergänzt Knieriem. Nach Schätzungen leben in Deutschland nur noch 10.000 bis 50.000 Feldhamster. Die größte Bedrohung für den Feldhamster ist die intensive Landwirtschaft. Insbesondere der Anbau von Energiepflanzen zulasten von Getreide, die frühe und effektive Ernte sowie der Einsatz von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Nagetieren macht dem wild lebenden Hamster Probleme. Um den langen Winterschlaf zu überstehen, legt der Feldhamster über die Sommermonate rund 2 bis 4 kg Getreidekörner und andere Samen als Vorrat in seinem unterirdischem Bau an – auf intensiv bearbeiteten Ackerflächen ist dies nicht mehr möglich.
Nachdem sieben ausgewachsene Feldhamster im Mai 2022 die neue Feldhamster-Station im Tierpark bezogen, kann nun erstmals Nachwuchs verkündet werden. „Bei ihrer Geburt haben Feldhamster nicht mal die Größe eines kleinen Fingers und sind blind und taub. Aber sie wachsen wahnsinnig schnell und gehen schon im Alter von etwa fünf Wochen langsam eigene Wege“, erklärt Tierpark-Kuratorin Maren Siebert. Die Auswilderung wird voraussichtlich im kommenden Frühjahr im Raum Göttingen stattfinden, wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der AG Feldhamsterschutz Niedersachsen, an dem sich mehrere Landwirte beteiligen. Als besonders feldhamsterfreundliche Umgebung gelten Flächen auf denen in regelmäßigen Ackerstreifen beispielsweise die Kleeart Luzerne angebaut wird. Wichtig ist auch, nach der Ernte einige Getreidestreifen stehen zu lassen, um dem Feldhamster sowohl Nahrung als auch Deckung zu bieten. Daraus entstehende Ernteausfälle und der Mehraufwand in der Bewirtschaftung der Flächen werden entschädigt.
Mit dem Artenschutzprogramm „Berlin World Wild“ engagieren sich Zoo und Tierpark Berlin für bedrohte Tierarten. Ab dem kommenden Jahr wird das Programm auf zwei Millionen Euro aufgestockt, der Umfang des Programms wird somit ab 2023 fast verdoppelt.
Fotos: © 2022 Tierpark Berlin