Von Ronald Keusch
„See you at IFA 2024“ – so lautete das Versprechen der Internationalen Funkausstellung vor einem Jahr im September 2023. Und die IFA, die sich als weltweit größte und bedeutendste Messe für Consumer Electronics und Home Appliances bezeichnet, hat Wort gehalten und außerdem einen besonderen Grund zum Feiern eines Jubiläums: Sie begeht in diesem Jahr ihren 100. Geburtstag auf dem Messegelände in Berlin Westend.
IFA feiert 100jähriges Jubiläum
Im Dezember 1924 fand die IFA als „Große Deutsche Funk-Ausstellung“ erstmals in Berlin statt. Seit dieser Zeit steht sie für Innovation, Technologie und Unterhaltung. Sie sorgte allerdings in ihrer Geschichte nicht nur für Highlights, sondern lieferte neben den vielen „Tops“ auch einige „Flops“, wie das Handelsblatt und DPA süffisant erinnern.
Dazu gehört die Panne, als im Jahr 1967 der damalige Vizekanzler Willy Brandt das Farbfernsehzeitalter mit einem medienwirksamen Knopfdruck starten wollte. Der große rote Knopf war nur eine Attrappe. Ein nervöser Techniker war schneller, und so war das übertragene Fernsehbild bei Knopfdruck bereits bunt. Das dürfte allerdings damals nur den rund 6000 Bundesbürgern aufgefallen sein, die zu der Zeit einen Farbfernseher besaßen. Für die anderen 14 Millionen Zuschauer sah der Knopf genauso grau aus, wie vorher.
Einige Trends der 90er Jahre insbesondere im Mobilfunk hat die IFA verpasst. Das erste massentaugliche Mobiltelefon von Nokia wurde 1992 vorgestellt, allerdings nicht auf der IFA, denn in diesem Jahr gab es keine Funkausstellung. So haben andere Messen, wie der Mobile World Congress in Barcelona der IFA auf diesem Gebiet den Rang abgelaufen.
Trendthema: Künstliche Intelligenz
Eine strategische Entscheidung des Managements der Ausstellung ist bis heute prägend. Der Fokus in den Messehallen unter dem Funkturm liegt nicht allein bei klassischer Unterhaltungselektronik, sondern es wird auch die sogenannte „weißen Technik“ präsentiert, also Haushaltsgeräte, beginnend beim Geschirrspüler, Kühlschrank, bis hin zum Putzroboter für Küchen oder Swimmingpools. Der dafür reservierte Bereich auf der IFA wächst von Jahr zu Jahr und ist immer gut besucht, schon allein deshalb, weil die Aussteller sich immer neue Aktionen einfallen lassen. In diesem Jahr veranstaltet Bosch das Finale von „Deutschland kocht“, Fernsehkoch Alexander Herrmann kocht täglich am Miele-Stand und der Wiener Starkoch Alexander Kumptner ist mit seiner Gourmet-Küche am Siemens-Stand präsent.
Im Jahr 2024 ist das Trendthema Künstliche Intelligenz (KI) allgegenwärtig. Dabei geht es nicht nur um die KI auf Computer-Bildschirmen oder in Chats, sondern die KI steuert inzwischen viele Geräte in der Unterhaltungselektronik wie auch im Haushalt.
Messe künftig wieder kulturelles Event
Bei der Eröffnungspressekonferenz der IFA am 4. September im City Cube, zwei Tage vor Beginn der Ausstellung, präsentierte sich das derzeitige Management-Team. Neben Dr. Sara Warneke, Geschäftsführerin der gfu Consumer & Home Electronics GmbH und Lisa Hannant, CEO vom britischen Veranstalter Clarion Events Ltd ist das der seit Oktober neu eingesetzte Geschäftsführer der IFA Leif Lindner, der als ehemaliger Samsung-Manager viel Erfahrung und Branchenkenntnis mitbringt. Er schlüpft, neben dem einnehmenden cleveren Moderator Patrice Bouédobél dann zeitweise auf der Bühne selbst in die Rolle eines Showmasters, um den Journalisten die IFA zu präsentieren.
So soll die IFA über das klassische Messegeschäft hinaus auch ein „kulturelles Event“ sein, so wie schon in früheren Zeiten für die ganze Familie. Da waren einstmals auch die Öffentlich-Rechtlichen Fernsehanstalten in eigenen Hallen und später auch die privaten Sender Dauergast. Seit zwei Jahren glänzen sie allerdings mit Abwesenheit, so auch in diesem Jahr.
Der Sommergarten auf dem Messegelände ist wiederbelebt
Ein wichtiger und unübersehbarer Schritt für eine prosperierende IFA ist die Wiederbelebung des Sommergartens auf dem Messegelände. Zur Feier des 100-jährigen Bestehens lädt der Sommergarten Gäste, Aussteller, Partner und internationale Superstars ein. Schon am Vorabend der Eröffnung fand das Konzert mit dem kanadischen Künstler Bryan Adams trotz exklusiver Preise sehr großen Anklang. Tagsüber können die Besucher bei Street Food, Drinks und Sonnenschein im schönen Garten chillen. Abends treten Top-Künstler der Hip-Hop und Dance Music-Szene auf, es sind legendäre Rockstars zu erleben und am 6.9. hat die IFA eines der angesagtesten Mode- und Musiklabels eingeladen, ihr eigenes Festival zu veranstalten: Das erste 6pm Festival der Welt auf der IFA! Damit will die IFA auch bewusst junge Besucherinnen und Besucher ansprechen. Auch der Ausbau des Games-Bereichs auf der Messe hat dieses Ziel.
Neuer Name: IFA Berlin – Innovation For All
Die IFA, so Geschäftsführer Lindner, soll sich zu einer ganzjährigen Plattform für Technologien und Innovationen herausbilden. Dieses Konzept mit spannenden Themen und Inhalten, wie der Künstliche Intelligenz sowie der Mix aus Markenausstellern und Start-Ups soll auch im neuen Namen deutlich werden: IFA Berlin – Innovation For All. Diese neue Wortschöpfung ist für manchen langjährigen Besucher schon etwas gewöhnungsbedürftig, zumal die internationale Funkausstellung schon immer für Innovationen stand.
Die Losung hat sich in den Hallen auf den Messeständen schon ihren Platz erobert. Zum Beispiel bietet LG Electronics unter dem Motto „Experience, Affectionate Intelligence (AI) Home“ eine Vision für das Wohnen der Zukunft. Im Zentrum der Lösung steht das Produkt LG ThinQ® ON, ein fortschrittlicher KI-Hub, der sich nahtlos mit den neuesten KI-Geräten von LG verbindet, ob das nun Licht-, Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren sind, oder Haushaltsgeräte wie Staubsauger oder Waschmaschinen. Da überwacht eine Roboterhund das Zuhause und unterhält sich nebenbei mit den Bewohnern (oder Besuchern). Und auch an die Haustiere wird gedacht: Die Lösung LG AeroCat vereint ein Katzenbett und einen Luftreiniger.
Die Firma Timekettle, ein Unternehmen aus Shenzhen in China, stellt eine neue Generation von Kopfhörern im Ohrstöpsel-Stil vor, die eine effiziente simultane Übersetzung ermöglicht, ob nun bei einem Telefongespräch, bei Onsite- oder Online-Meetings oder auch bei einem Vier-Augen-Gespräch. Sie unterstützt 40 Sprachen mit 93 Dialekten.
Das von SpaceX unterstützte Flugauto Start-Up Alef Aeronautics wird seine Vision der zukünftigen Mobilität präsentieren und ein Modell seines Flugautos im Rahmen der „IFA Next“ vorführen. CEO Jim Dukovny wird dabei am 8. September Gast auf der Dream Stage in Halle 27 sein. Ende nächsten Jahres sollen die ersten Flugautos in Serie produziert werden, die auf der Straße fahren, vertikal abheben und vorwärts fliegen können. Der Prototyp „Model A“ hat eine gewisse – beabsichtigte – Ähnlichkeit mit der Zeitmaschine aus dem Film „Zurück in die Zukunft“. Das „Time“-Magazin hat es als eine der besten Innovationen des Jahres 2023 ausgezeichnet. Der erste flugfähige Prototyp hob schon im Jahr 2018 ab, inzwischen hat das Start-Up auch einige rechtliche Hürden genommen, so hat es eine Testlizenz und eine spezielle Lufttüchtigkeits-Bescheinigung der amerikanischen Flugaufsicht FAA erhalten. Es war ein langer Weg von den ersten Skizzen des Prototyps auf einer Serviette eines Cafés in Palo Alto im Jahr 2015 über zwei Patente und einige Millionen Startkapital von internationalen Sponsoren bis zu heute 3.200 Vorbestellungen des anfänglich etwa 300.000 Dollar teuren Vehikels – und es wird sicher noch weitere Hürden bis zur eine Serienproduktion zu erschwinglichen Preisen geben. Wird diese Innovation einmal in die Annalen der IFA als bahnbrechendes Highlight eingehen?
Spannende Historie der IFA
Zum Jubiläum nutzt die diesjährige IFA die große Chance, im Palais am Funkturm beim Messeeingang Nord die technische Entwicklung der Consumer Elektronik der letzten 100 Jahre in den Mittelpunkt zu rücken. Zugleich wird die einmalige Historie der Internationalen Funkausstellung erzählt von Innovationen und deren Kommerzialisierung, von der wachsenden individuellen Nutzung bis zur gesellschaftlichen Relevanz.
Hier ist auch der Platz, um an den Designer Helmut Lortz zu erinnern, der den „Funk-Otto“ schuf, den stilisierten Kopf im Profil, der über Auge und Ohr Informationen erhält. Der Rahmen ist der Umriss eines Bildschirms – früher eines Fernsehbildschirms. Kürzer und prägnanter kann man das Thema „Der Mensch steht im Mittelpunkt der Technik“ nicht ausdrücken. Nicht umsonst besteht dieses originelle und geniale Logo der IFA bis zum heutigen Tag.
Neben historischen Sammlungsstücken aus der Geschichte der Technik wird die rasante Entwicklung der Technologien über die letzten 100 Jahre für die Gebiete Radio, Video, Audio, Online, Computer und Gaming, Digital Lifestyle, Home Appliances und Content Creation auf einer Zeitachse dargestellt. So begann beispielsweise die Geschichte der Computer 1940/1941 mit dem ersten Robinson-Computer und dem Zuse-Computer Z-3, 1955 folgte der erste Transistor-Rechner, 1970 wurde die Speicherdiskette erfunden, 1980 kam der erste Heimcomputer TI 99/4 auf den Markt, 1982 der legendäre Commodore 64, erste tragbare PCs gibt es seit 1988 und Tablet PCs seit 2010, inzwischen sind wir bei Gaming PCs, Mobile und Online Gaming und VR-Brillen angelangt.
Für jeden etwas Interessantes dabei
Die großen Firmen der Elektronik-Branche, wie LG, Siemens, Sony, Miele und Samsung sind auf der Messe mit repräsentativen Ständen vertreten. Allerdings gibt es auch so manche Lücke, nicht nur die großen Medienhäuser fehlen, auch die Mobilfunkunternehmen üben sich in Zurückhaltung. Die Rekordzahl des Jahres 2018 mit 250.000 Besuchern wird sicher nicht wieder erreicht werden.
Die Stadt Berlin muss sich die Frage gefallen lassen, ob sie Messen wie dieser, die ein riesiger Anziehungspunkt sowohl für Aussteller aus aller Welt als auch für die Besucher sind, die richtige Priorität einräumt, sowohl bezüglich der notwendigen finanziellen Förderung als auch der unzureichenden Infrastruktur-Rahmenbedingungen. Das beginnt bei der internationalen Anbindung des Flughafens BER und endet bei den innerstädtischen Verkehrsmitteln. Pünktlich zum Beginn der Messe werden sowohl die S-Bahn Anbindung des Flughafens als auch die Ost-West-Anbindung des Hauptbahnhofes stillgelegt.
Eine Antwort auf die Frage nach der Zukunft der IFA kann das Publikum geben. 182.000 Besucher werden erwartet, die auf der IFA die Neuheiten der mehr als 1.800 Aussteller entdecken können, in ihren so vielfältigen Bereichen Home & Entertainment, Home Appliaces, Smart Home, Communications & Connectivity, Audio, Computing & Gaming, Photo, Video & Content Creation, Fitness & Digital Health, Robotics und Mobility. Da ist doch nun für jeden etwas Interessantes dabei.
Die nächste IFA wird 2025 vom 5. bis 9. September stattfinden.
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