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Nostalgischer Charme und moderne Bequemlichkeit

VonRedaktion

Jun 19, 2022

Die MS „Liberté“ vor der Märchenkulisse des Schweriner Schlosses. Foto: Peer Schmidt-Walther

Flusskreuzfahrten im Trend

Von Peer Schmidt-Walther

Deutschlands größter See, die Müritz, gibt sich sanft an diesem Vorsommer-Abend. Der Seespiegel blankgeputzt, die Ufer mit frischem Grün garniert. Raps- und Räucherdüfte parfümieren die Luft.

Auf den Anleger hält ein weißes Schiff zu. Beim Näherkommen verraten die geschwungenen Buchstaben am Steven seinen Namen: „Liberté“. Das riecht nach Freiheit. Vielleicht auch nach „Traumschiff“ und mehr…

Maritime Frauen-Power

„Thomas Magner“, stellt sich ein freundlicher Mittdreißiger völlig unprätentiös vor, „ich bin der Kapitän“. Weder Uniform noch vier goldene Schulterstreifen signalisieren seinen Rang. „Das brauchen wir hier auch nicht“, lächelt er bescheiden und stellt seine „beiden Mädels“ vor: Monika, die Kapitänsfrau, und Andrea, die Stewardess. Ihr Reich: Küche und sechs Doppelkabinen samt Service für maximal zwölf Passagiere. „Natürlich gehört auch das Festmachen und Ausbringen der Gangway dazu“, erklärt Magner, „meine Crew besteht nämlich aus Allroundern“. MS „Liberté“ – das heißt auch Alleskönner-Frauen-Power ohne Seemannshände, aber mit Gefühl.

„Heute Abend bleibt die Küche kalt“, erklärt Monika und ihr Mann, Chef und Kapitän ergänzt: „Die Gäste haben sich für das Abendessen an Land entschieden. „Wir wollen auch mal die kulinarischen Highlights an Land genießen“, bekräftigt eine Passagierin ein und begründet so die an Bord übliche Halbpension, „das macht uns freier“.

Ein Klang wie Freiheit

„Liberté“ – das klingt nicht nur wie Freiheit, sondern die wird an Bord auch gelebt. Die Mitreisenden, eine Senioren-Gruppe befreundeter Ehepaare und ehemaliger Geschäftspartner, sind sich schnell einig: „Wir wollen familiär reisen“. Dazu gehört auch die Abstimmung des Speiseplans mit Köchin Monika. „Nur der tägliche Kuchen“, strahlt sie, „von mir gebacken, ist eine feste Größe, aber immer anders“. Frische Brötchen besorgt der Kapitän höchstselbst. Für größere Einkäufe steht ein Kleinwagen auf dem Achterdeck.

Träume und Sehnsüchte

Gegen Mitternacht zieht eine fröhliche Truppe über die See-Promenade zu ihrem Schiff. Begeistert von der „Müritz-Perle“ und beseelt von „geistigen“ Getränken. An der Bar kredenzt Andrea noch einen Absacker bei Kerzenschein. Die beiden Salons in warmem Holzton mit viel Messing sorgen für Wohlgefühl. Über das „Meerchen“, wie „Müritz“ auf altslawisch heißt, breitet ein makelloser Sternenhimmel seine blaue funkelnde Decke. Der Nachtwind raut den See auf und lässt rhythmisch Wellchen an die Bordwand klatschen. Die perfekte Einschlafmelodie in gemütlichen Kabinen im Herzen Mecklenburg-Vorpommerns, der Gewässer reichsten Region Europas.

Gelegenheit für Thomas Magner, seinen Prospekt aufzuklappen und eine Karte mit vielen roten Punkten zu präsentieren: „Da überall fahren wir hin, von der Ostsee bis ans Mittelmeer, kreuz und quer durch den Kontinent, von der Seine bis an die Oder“. Eine Europa-Karte, die Sehnsüchte weckt, gestrickt nach einem individuellen Muster. „Das“, sagt Thomas Magner, „lässt viel kreativen Spielraum für Gästewünsche“. Eine Ost-Erweiterung könne er sich auch vorstellen: zum Beispiel durch Pommern und Westpreußen ins ostpreußische Masuren. Der Klassiker, von der Hauptstadt in die Mecklenburger Seenplatte ist mehrfach im Programm.

Modern-nostalgische Herausforderung

Der Kapitän aus dem traditionsreichen Elbe-Schifferdorf Bittkau, früher auch „Klein-Hamburg“ genannt, befuhr schon als Kind mit seinem Vater Johann, der das Flusskreuzfahrtschiff „Saxonia“ führt und als Wassertourismus-Pionier in Mecklenburg-Vorpommern gilt, europäische Flüsse und Kanäle. So lernte er das Binnenschiffer-Handwerk von der Pike auf. Bis er selbst Chef auf einem Kabinenschiff, der „Eurostar“ (jetzt „Johannes Brahms“) wurde. „Ein schönes Schiff“, sinniert er, als der honigfarbene Mond wie zur Bestätigung über dem See lächelt, „doch selbständig zu sein ist schon was anderes“.

Zaungäste an der Schleuse Lübz.

Die Herausforderung, aus dem 1935 gebauten und zum Passagierschiff umgebauten Frachtschiff allmählich eine eigenständige Marke zu entwickeln, haben er und sein Frau angenommen. Für ihre „alte Lady in neuem Glanz“ haben sie eine Reihe von anspruchsvollen Slogans gewählt: „Reisen mit der ´Liberté`– das ist europäische Schifffahrtsgeschichte, nostalgischer Charme und moderne Bequemlichkeit, kulinarische Stippvisiten, Wellness-Programm für Leib und Seele, sich unterwegs wie zu Hause fühlen“.

Seh- und Seeleute unter sich

Als es am nächsten Morgen bei strahlendem Sonnenschein wieder „Leinen los!“ heißt, Kaffee- und Brötchenduft durch die Salons weht, gesteht eine Dame: „Ich musste mich erst an diese unglaubliche Ruhe gewöhnen. Meine innere Uhr tickte anfangs noch wie zu Hause“. Befragt nach den Motiven der Schiffswahl für die achttägige Reise von Berlin nach Schwerin, erwidert sie spontan: „Weil sie so schnuckelig und gemütlich ist, wir unter uns sind und dem Kapitän über die Schulter schauen können“.

Kapitän Magner, mit 35 noch jung an Jahren, aber schon mit reichlich Erfahrung, strahlt Ruhe und Freundlichkeit aus. Jederzeit ist er zu einem Schwätzchen bereit. „Dort drüben“, reckt er seinen Arm von der offenen Brücke nach Steuerbord, „liegt der Damerower Werder, eine Kölpinsee-Halbinsel, auf der Wisente leben“. Von seinem „schwimmenden Hochsitz“ aus hat er alles im Blick.

Reiselust mit Boot

Touristische Informationen gehören auch zu seinem Job. Manchmal, nach dem Anlegen, kommt sogar jemand vom Fremdenverkehrsbüro vorbei mit einem Packen Prospekte und Karten der Region unterm Arm. Plau am See beeindruckt. Wo auch der Schleusenwärter scheinbar zum „Repertoire“ gehört und das Rezept für sein „Herrentagsmenü“ verkündet: „Eisbergsalat mit Schuss“. Die Räucherei lockt mit goldgelben Aalen, Forellen und Maränen, die neben dem Steg zum Abkühlen hängen.

Abenteuer gar nicht weit

Hinter Plau taucht die „Liberté“ ein in „menschenleeren Urwald“. So jedenfalls empfindet das jemand, „ wo gibt´s noch so viel Natur mitten in Deutschland?!“ Ein deutsch-amerikanisches Ehepaar genießt es, „das alles so friedlich ist“.

Von den Landstädtchen Lübz und Parchim lassen sich die „Liberté“-Fahrer faszinieren. Da wird schon gern mal die festgelegte Zeit überzogen, so dass eine halbe Nachtfahrt zum Übernachtungsplatz vor der nächsten Schleuse notwendig wird. Die Scheinwerferstrahlen huschen über Wasser und Kanalböschung, bohren sich in die schwarze Wand des Waldes. Nebelschwaden umwabern den Bug. „Märchenhaft!“, haucht jemand in die angespannte Stille.

Am nächsten Nachmittag kommt dann die markante Schloss-Silhouette von Schwerin in Sicht. Ende der ersten „Liberté“-Reise – mit „Entschleunigung“ durch ein nahes, fernes Land.

www.liberte-reisen.de

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