Das Cold War Museum © ESDES.Pictures/Bernd Elmenthaler
Von Ronald Keusch
Der heiße Krieg ist nach Europa zurückgekehrt. Die bereits viele Jahre andauernde Konfrontation zwischen den USA und der NATO mit Russland in der Ukraine mündete im Februar 2022 in einen offenen militärischen Konflikt. Und seit der Zeit ist das Wort Krieg in unseren Mainstream-Medien omnipräsent, und es dient auch als Erklärung für alle möglichen Probleme in unserer Gesellschaft, ob es die galoppierende Inflation ist oder der rasante Anstieg der Energie-Preise in Deutschland oder die katastrophalen Zustände im Bildungswesen und Gesundheitswesen.
Symbolischer eiserner Vorhang am Eingang
Jetzt hat der Begriff Krieg auch in der Hauptstadt der Ausstellungen Berlin Einzug gehalten. Am 26. November letzten Jahres wurde in prominenter Lage an der Straße Unter den Linden unweit vom Brandenburger Tor auf 1600 Quadratmetern Ausstellungsfläche das Cold War Museum eröffnet. Und der besonders an jüngster Geschichte Interessierte muss sich, soviel schon vorneweg, auf einen längeren Besuch einstellen, denn: Es gibt unglaublich viel zu sehen und zu erfahren.

Museum für Touristen in prominenter Lage
Es ist bereits das vierte Museumsprojekt von Carsten Kollmeier in Berlin. Dazu gehören das 2021 gegründete Spy-Museum, heute Deutsches Spionage Museum, und das Samurai-Museum. Damit sind Kollmeier und sein Team zweifellos die derzeit am meisten angesagten Museumsmacher in der Hauptstadt. Mit diesem Image erhielt er vom Eigentümer des Wohnkomplexes, dem Unternehmen Münchener Rück, das Angebot, für diese Berliner Immobilie mit namhafter Adresse Unter den Linden etwas Hochkarätiges einzurichten. Es wurde die Idee des Kalten Kriegs Museums entwickelt, so berichtet Kollmeier im Interview. Denn es habe sich gezeigt, dass sich das Spionagemuseum bereits zu mehr als einem Drittel mit dem Kalten Krieg beschäftigte. Auch das kleine schon existierende Museum am früheren Check Point Charlie, dem berühmten Kontrollpunkt des Grenzüberganges zwischen Ost-Berlin Mitte und West-Berlin Kreuzberg, war mehr ein Platz der Erinnerung zur Berliner Mauer als ein Museum.
Modell der Atombombe „Fat Man“
Ein unverzichtbares Beispiel für ein Exponat ist das 1-zu-1 Modell der Atombombe „Fat Man“, die am 9. August 1945 von einem US-amerikanischen Bomber über Nagasaki abgeworfen wurde. Sie hat einen schönen gelben Farbanstrich mit Signalfarben, erläutert Kollmeier. Aber Warum? „Damit man von unten besser sieht, was da von oben kommt?
Mehrere hunderttausend Menschen sind gestorben und der Bombenabwurf hat mit der atomaren Abschreckung den Kalten Krieg eingeläutet.“ Ein anderes Exponat zeigt den echten Steuerknüppel aus der Apollo-Rakete, die bei der Apollo-Sojus-Mission im Juli 1975 im Einsatz war. Damals schüttelten ein Amerikaner und ein Russe im All einander die Hände. Ein historischer Augenblick, der beide Länder für einen Wimpernschlag der Geschichte näherbrachte, wie auf der Website vom Museum erklärt wird.

© ESDES.Pictures/Bernd Elmenthaler
Jeder soll sich selbst seine Meinung bilden
Wir wollen nicht vorrangig Geschichten erzählen, die ein Narrativ bedienen, so Kollmeier, sondern unser Konzept besteht darin, dass die Besucher durch Fakten, die im Vordergrund stehen, sich selbst eine Meinung bilden können.
Hier will man ganz offensichtlich der Versuchung der Propaganda mit der Einordnung in Gut und Böse widerstehen und ein annähernd neutrales Bild liefern. Das Museums-Team präsentiert professionell, der Wirklichkeit verpflichtet, den Kalten Krieg und nimmt sich dazu viele Freiheiten. Ich habe hier keine aufgeblasenen Sprechblasen von Parteigängern entdeckt, die den politischen Eliten gefallen wollen. Natürlich ist die Ausstellung auch ausgerichtet auf die Maßstäbe eines internationalen Publikums. Carsten Kollmeier: „Bei unseren nationalen wie internationalen Gästen wollen wir Interesse wecken an diesem spannenden Kapitel der Geschichte. Wir wollen unsere Besucher motivieren, tiefer einzusteigen.“
Besucher erleben ein High Tech Museum 4.0

Das Cold War Museum ist mit seinen vielen Informationen in Text, Bild, Animationen. Dokumentarfilmmaterial und Zeitzeugenvideos säuberlich akkurat sortiert auf unzähligen Touch-Bildschirmen. Mit dem Smartphone navigieren die Besucher durch das Haus. Über einen QR- Code kann der Audioguide aktiviert werden. Es ist laut Selbstaussage auf der Website ein High Tech Museum 4.0. Damit soll besonders die junge Generation angelockt werden. Ein Wunschtraum von Museumsmacher Kollmeier: Der Großvater mit seinen erlebten Geschichten und der Enkel mit seiner IT-Kenntnis sollten idealerweise zusammen die Ausstellung besuchen.
Virtuelle Reality zu einem berühmten Fluchtfoto

Selbstverständlich zählt zu den Hauptthemen des Kalten Krieges auch die deutsch-deutsche Grenze. Hier darf die Virtuelle Reality (VR) Präsentation mittels einer VR-Brille nicht fehlen. Beim Journalisten-Rundgang wurde uns das Geschehen im August 1961 präsentiert. Der DDR-Grenzpolizist Conrad Schumann in Uniform und einer Waffe in der Hand sprang über ein provisorisches Stacheldrahthindernis. Einem Westberliner Fotografen gelang der Schnappschuss und dieses Foto wurde betitelt als Sprung in die Freiheit. Mit einer VR-Brille kann der Besucher in je fünf Minuten drei Videosequenzen mit Ton aus drei unterschiedlichen Perspektiven sehen, die vom flüchtenden Grenzpolizist, von dem Westberliner Fotografen und von der Ostseite der Grenze.
Aufklärende Videos über ein nukleares Inferno
Im Cold War Museum können sich heute vor allem die heißen Krieger angesichts der grausigen Filmaufnahmen über die Wirkung von Atomwaffen vielleicht etwas abkühlen. Hier wird eindrucksvoll vorgeführt, zu welchen katastrophalen Auswirkungen ein Krieg mit Nuklearwaffen führt. Ein anderer Ort für solche Abkühlung ist übrigens 2000 Kilometer von hier entfernt in Moskau zu besichtigen. Hier befindet sich in 65 Meter Tiefe der Atombunker einer früherer Kommandozentrale der Sowjetarmee, in dem 2006 ebenfalls ein Museum des Kalten Krieges eingerichtet wurde. Beim Rundgang werden hier auch sehr eindrucksvolle Videos gezeigt über die Simulation eines Nuklearangriffs mit den Auswirkungen von Atombomben, wenn sie bei nur kurzen Vorwarnzeiten auf Städte und Siedlungen fallen. Dazu heulen dann einige Momente Sirenen und das Licht wird gelöscht, bis auf einige flackernde Lämpchen.
45 Jahre Kalter Krieg auf 1600 Quadratmetern
Im Cold War Museum können sich heute vor allem die heißen Krieger angesichts der grausigen Filmaufnahmen über die Wirkung von Atomwaffen vielleicht etwas abkühlen. Hier wird eindrucksvoll vorgeführt, zu welchen katastrophalen Auswirkungen ein Krieg mit Nuklearwaffen führt. Ein anderer Ort für solche Abkühlung ist übrigens 2000 Kilometer von hier entfernt in Moskau zu besichtigen. Hier befindet sich in 65 Meter Tiefe der Atombunker einer früherer Kommandozentrale der Sowjetarmee, in dem 2006 ebenfalls ein Museum des Kalten Krieges eingerichtet wurde. Beim Rundgang werden hier auch sehr eindrucksvolle Videos gezeigt über die Simulation eines Nuklearangriffs mit den Auswirkungen von Atombomben, wenn sie bei nur kurzen Vorwarnzeiten auf Städte und Siedlungen fallen. Dazu heulen dann einige Momente Sirenen und das Licht wird gelöscht, bis auf einige flackernde Lämpchen.

Insgesamt umspannt das Cold War Museum fast 45 Jahre Kalten Krieg zwischen Ost und West. Den offiziellen Startschuss lieferte, so die Historiker, die Verkündung der Truman-Doktrin am 12. März 1947 durch den damaligen US-Präsidenten. Truman ist auch für die beiden US-Atombomben-Abwürfe im August 1945 auf bewohnte Großstädte in Japan verantwortlich, ein Kriegsverbrechen ersten Ranges. Das Ende des Kalten Krieges wurde im Dezember 1991 durch den endgültigen Zerfall der Sowjetunion markiert.
Fernschreiber für den heißen Draht zwischen Ost und West

© ESDES.Pictures/Bernd Elmenthaler
Auf ein Exponat sind die Museumsmacher besonders stolz. Es ist der Fernschreiber aus dem Herstellerverbundnetz von Rundfunk- und Fernmeldetechnik RFT Dresden aus der DDR. Er kam nach der Kubakrise zwischen Ost und West als „heißer Draht“ zum Einsatz. Der technische Fortschritt für eine schnelle gegenseitige Information ist heute unvergleichlich gewachsen. Immerhin haben auch in Zeiten des Kalten Krieges Politiker aus beiden Systemen Verantwortung bewiesen und die Entspannungspolitik in Gang gesetzt, die in der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) ihren Höhepunkt fand. Die Menschheit kann nur hoffen, dass diese Verantwortung für das Überleben der Welt aus der Zeit des Kalten Krieges die derzeit ständig erklärte Zeitenwende überdauert hat.
Der derzeitige Zuspruch ist noch bescheiden und lag im Dezember bei ca. 6.000 Besuchern. Die Hauptbesucherzeit liegt, so Kollmeier, zwischen März und Oktober. Und das Ziel der Museumsmacher besteht darin, zu den Top 10 der Berliner Museen zu gehören, das heißt etwa 500.000 Besucher im Jahr.
Tickets und weitere Informationen unter: https://coldwarmuseum.de/
Fotos: ESDES.Pictures/Bernd Elmenthaler (6), Cold War Museum (1)
Quelle: www.keusch-reisezeiten.de